Udo Lindenberg in Oberhausen: Ein ganzes Schlossensemble für den Panikrocker
18.09.2025 von Marcel Sroka
Wer die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen betritt, taucht derzeit in eine Welt ein, die so vielseitig ist wie Udo Lindenberg selbst. Mit der Ausstellung „Kometenhaft panisch – Likörelle, Udogramme, nackte Akte & viel mehr“ widmet die Galerie zum ersten Mal ihr gesamtes Gebäudeensemble einem einzigen Künstler.
Museumsdirektorin und Kuratorin Dr. Christine Vogt führt bei meinem Besuch durch die Schau – und erzählt dabei von einem Lindenberg, der weit mehr ist als der Musiker mit Hut und Sonnenbrille.
Zwei Schlösser – zwei Welten
Die Ausstellung gliedert sich klar in zwei Teile:
Im Großen Schloss erleben Besucherinnen und Besucher Lindenberg als bildenden Künstler. Mehr als 300 Werke werden präsentiert – darunter Zeichnungen, Skizzen und Malereien, die Einblicke in seinen Schaffensprozess geben. Spontane Skribbeleien auf Kellnerzetteln (inklusive Firmenlogos von Jacobs Kaffee oder Jever Pilsener) sind neben großformatigen Werken zu entdecken. „Gerade diese kleinen, scheinbar nebensächlichen Zettel sind ein Highlight“, sagt Vogt. Viele dieser Skizzen, entstanden in den 70er-Jahren wurden nämlich noch nie zuvor ausgestellt.
Im Kleinen Schloss dreht sich alles um Lindenbergs musikalisches Schaffen. Seine komplette Diskografie ist dokumentiert, ergänzt durch Devotionalien aus einer über 50-jährigen Karriere. Das Herzstück aber ist ein technisches Erlebnis: Dolby Atmos. In einem speziell eingerichteten Raum steht man mitten im Klang und hört Songs wie „Ich mach mein Ding“, „Cello“ oder den Hit „Komet“, als würde man direkt im Studio neben Lindenberg und seiner Band stehen.
Der Musiker, der sich ins Bild setzte
Viele verbinden Lindenberg ausschließlich mit seiner Musik. Doch schon in den 1970er-Jahren war er auf mehreren künstlerischen Feldern aktiv. Mit Regisseur Peter Zadek arbeitete er 1979 an einer Rockoper, er engagierte sich mit „Rock gegen Rechts“ und überreichte dem DDR-Staatschef Erich Honecker bei einem Staatsbesuch in Wuppertal eine Gitarre mit der Inschrift „Gitarren statt Knarren“ – ein bis heute legendärer Moment der deutsch-deutschen Kulturgeschichte.
„Es ist ihm nicht in die Wiege gelegt worden. Er hat es sich erarbeitet“, sagt Vogt über seinen künstlerichen Weg. Und sie ergänzt: „Udo war immer auch ein guter Geschäftsmann. Er ließ sich den Begriff Likörelle schützen, auch wenn er die Maltechnik selbst nicht patentieren konnte.“
Starke politische Botschaften
Die Ausstellung zeigt ihn von seiner nachdenklichen Seite: In Selbstporträts thematisiert er die eigene Alkoholabhängigkeit, mit aufgedunsenen Gesichtern und verzerrten Zügen. Seit über 20 Jahren lebt Lindenberg trocken – und reflektiert diese Lebenskrise in seiner Kunst. Daneben gibt es Humor, Provokation und klare politische Botschaften, etwa in der Serie „Pimmelköppe“.
Exemplarisch lässt sich bei dieser Serie der zeichnerische Entstehungsprozess nachvollziehen. „Glücklicherweise gibt es viele Skizzen“, berichtet die Expertin Christine Vogt.
Ein Kosmos aus Zeichnungen, Ideen und Visionen
Das Werk Lindenbergs ist erstaunlich vielseitig. Viele seiner Zeichnungen entstanden nebenbei – im Plattenstudio zwischen zwei Aufnahmen, auf Hotelrechnungen oder auf der Rückseite von Konzertprogrammen. „Mich fasziniert sein Strich“, sagt Vogt, „weil man ihm beim Denken und Zeichnen fast zusehen kann.“
Besonders eindrucksvoll: das Barbuch aus dem Hotel Atlantic, Lindenbergs Wahlheimat in Hamburg. In Oberhausen ist das Original zu sehen, gleichzeitig aber auch in einer digitalisierten Version, die man auf einem Tablet durchblättern kann.
Lindenberg interessiert sich seit jeher für große Themen. Sein Zyklus zum Faust, seine Auseinandersetzung mit den Zehn Geboten oder Werke, die vom Universum und der Raumfahrt inspiriert sind, zeigen ihn als neugierigen Geist. Er selbst sehe sich als Wissenschaftler, der den Dingen auf den Grund gehen will, berichtet Vogt.
Ein unkomplizierter Star
Wer jetzt an einen schwierigen Superstar denkt, irrt. „Er hat sich wahnsinnig eingebracht, war sehr höflich, hat sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedankt“, erinnert sich Vogt. Er habe viel erzählt, sich Zeit genommen und gespürt, dass die Kuratorinnen ihn und sein Werk ernst nehmen. Für das Friedensdorf Oberhausen stiftete er sogar eine signierte Reproduktion, die zugunsten der Einrichtung versteigert wird.
Das Original an der Wand
Und auf einmal verfügt die LUDWIGGALERIE über ein Lindenberg-Original: Spontan schnappte sich der Künstler bei seinem Besuch zur Eröffnung der Ausstellung einen Stift und hinterließ eine Botschaft an der Wand – die plötzlich Teil seines Zyklus zu den Zehn Geboten wurde. Die Besucherinnen und Besucher der Schau haben unterschiedliche Ideen, wie Christine Vogt mit dem Werk umgesehen soll: Von „einrahmen“, bis „einfach so lassen“, lauten die Einwürfe.
Tipps für den Besuch rund um das Schloss
Wer nach der Ausstellung noch ein wenig Zeit in Oberhausen verbringen möchte, findet direkt vor der Tür attraktive Ausflugsziele:
Kaisergarten Oberhausen: Direkt am Schloss gelegen, ist der Kaisergarten eine grüne Oase mitten in der Stadt. Spaziergänge, Joggingrunden oder eine Fahrt mit dem Ausflugsschiff auf dem Rhein-Herne-Kanal machen den Park zu einem beliebten Ziel. Kinder freuen sich über zwei abwechslungsreiche Spielplätze sowie das große Tiergehege mit heimischen Wildtieren, Streichelzoo und Bauernhof. Der Eintritt ist frei – ein schöner Kontrast zum Museumsbesuch.
Emscher-Liebe an der Slinky Springs to Fame: Nur wenige Schritte entfernt von der LUDWIGGALERIE befindet sich die von Tobias Rehberger entworfene Brücke „Slinky Springs to Fame“. Während Liebesschlösser dort verboten sind, hat die Emschergenossenschaft auf der Emscher-Insel eine eigene Anlage installiert: „Emscher-Liebe“. Paare können hier ihr Schloss aufhängen und den Schlüssel direkt in eine dafür vorgesehene Box werfen – eine romantische Erinnerung an den Oberhausen-Besuch. Fotos lassen sich unter dem Hashtag #EmscherLiebe teilen.
So verbindet sich Kunstgenuss mit Natur, Romantik und Freizeitspaß – ein Tagesausflug nach Oberhausen lohnt sich also gleich doppelt.
Fazit: Ein Erlebnis für alle Sinne
Die Oberhausener Ausstellung zeigt, dass Lindenberg weit mehr ist als der Mann mit Hut und Sonnenbrille. Sie vereint Zeichner und Musiker, Friedensaktivisten und Geschäftsmann, Humoristen und Visionär.
„Es ist toll, dass er so nachvollziehbar zeigt, wie er arbeitet“, sagt Dr. Christine Vogt. „Und es ist spannend zu sehen, dass er sich immer wieder neu erfindet.“
Wer die LUDWIGGALERIE besucht, erlebt genau das: ein Panorama des Lebenswerks von Udo Lindenberg – kometenhaft, panisch, einmalig.
Infos zur Ausstellung
📍 Ort: LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen, Konrad-Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen
🗓️ Laufzeit: 29. Juni 2025 bis 23. November 2025
🕘 Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag sowie an Feiertagen, jeweils 11:00–18:00 Uhr
🎟️ Eintrittspreise:
– Erwachsene: ca. 12 €
– Ermäßigt: ca. 6 €
🔄 Kombiticket: Ein Kombiticket mit dem Gasometer Oberhausen kostet ca. 19 €
Weitere Informationen: www.ludwiggalerie.de
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Über den Autor
Marcel Sroka
Geschichtenerzähler, Faktenchecker, Ideengeber. Mit Leidenschaft für Oberhausen, Kleeblatt-Fan. "Lieber auffem Gasometer im Sturmesbrausen"
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